Weinrallye #54: Tio Pepe Fino en Rama

weinrallye54„Region im Glas“

Als ich das Thema der Weinrallye #54 zuerst las, dachte ich zunächst an die üblichen Terroirdiskussionen mit Schiefer, Kalk, Lehm und Löss. Das ist ja eigentlich ziemlich spannend und oftmals ist es auch wirklich schmeckbar, aber das Zauberwort Terroir wird inzwischen schon fast inflationär benutzt.

Beim Lesen der Ankündigung im weinreich-blog wurde mir dann aber schnell bewusst, dass man das Thema auch anders angehen kann.

Ja. Heimat schmeckt (man)!

Und Heimat ist dabei nicht nur das Terroir, sondern Heimat wird für mich auch durch klar erkennbare Weinstilistiken geprägt. Ein Port kommt immer vom Douro, ein Madeira immer von der gleichnamigen Atlantikinsel und ein Sherry aus dem berüchtigten Bermudadreieck um bei Jerez de la Frontera. Es gibt zwar zahlreiche Versuche diese Weinstile in anderen Ländern und Regionen zu imitieren, aber diese schmecken eben nicht nach Heimat.

 Tio Pepe Fino en Rama

Und was ist jetzt so besonders an einem Tio Pepe Fino?

Zunächst einmal ist der Fino von Tio Pepe ein sehr guter Standardsherry, wenn – und darauf kommt es gerade bei den hellen Sherries wirklich an – es eine frische Flasche ist. Ich kriege schon immer Zustände, wenn ich Fino-Flaschen in der Gastronomie ungekühlt oben auf dem Bord über dem Zapfhahn stehen sehe. Am besten (Vorsicht: IRONIE !!!) zudem mit einer ansehnlichen Staubschicht bedeckt und nur noch zu einem Tio Pepe Fino en Rama 2012Viertel gefüllt. Nach was soll das denn dann noch schmecken ?!? Bestimmt nicht nach Heimat, es sein den man haust bereits auf dem Friedhof (jetzt wird’s sarkastisch …).

Zurück zum Thema. Helle Sherries, also Fino und Manzanilla, sind biologisch unter der Florhefeschicht gereift und sind, wenn sie gut sind, zart und filigran. Eine Oxidation hat trotz der mindestens dreijährigen Lagerung in den Soleras so gut wie nicht stattgefunden. Sonst wären sie ja auch nicht so hell. Ganz einfach, oder? Dementsprechend sollte ein Fino auch wenn er abgefüllt ist, innerhalb eines Jahres getrunken werden. Und die angebrochene Flasche sollte innerhalb weniger Tage aufgebraucht sein. Wie bei einem jugendlichen Wein. Daher schätze ich gerade bei Fino und Manzanilla auch die halben Flaschen. Die sind im nu leer.

Das besondere an diesem Sherry ist das „en Rama„. So bezeichnen Weingutsarbeiter in Jerez die Rohware. Ähnlich wie ein Fassmuster ohne Klärung und Filtration. Und wie ein Fassmuster, ist der Fino en Rama auch nicht lange haltbar. Die Kellerei Gonzalez Byass empfiehlt dementsprechend einen Verzehr innerhalb von nur drei Monaten nach der Abfüllung, damit der authentische Charakter nicht verloren geht. Fast schon eine Art „Mindesthaltbarkeitsdatum“, da das Abfülldatum auch deutlich angegeben ist.

Vom Geschmack unterscheidet sich dieser en Rama deutlich erkennbar von einem „normalen“ Fino. In der Nase springen mir umgehend salzige, fast jodige, mineralisch-würzige Noten entgegen. Dann folgen ätherische Noten, Kräuter und Zitrusfrucht. En Rama im GlasAber auch etwas blumiges. Der Geruch erinnert mich in Sequenzen fast ein wenig an Earl-Grey-Tee. Dann wieder der typische Fino-Geruch nach in Olivenöl leicht gerösteten Salzmandeln.

Am Gaumen wiederholt sich das Spiel. Sauerteigbrot. Salzige Frische wie eine Meeresbrise. Auf der einen Seite ein kräftiger Körper, dann aber auch wieder schlank und verspielt. Sehr facettenreich und lang.

Das ist für mich wirklich schmeckbare Heimat im Glas. Die Herkunft ist umgehend zu erkennen, auch wenn diese Typizität weniger vom „Terroir“ kommt, als vielmehr von der Lagerung unter der natürlichen Florhefe und der dabei stattfindenden Interaktion. Dafür sind jedoch wieder ganz spezielle klimatische Voraussetzungen notwendig, die es so nur in Jerez gibt. Es ist also ein Wechselspiel aus Rebsorte, Kleinklima, Ausbauart und Tradition. Aber auf jeden Fall unverkennbar eine schmeckbare Herkunft. Nicht auf die Parzelle genau – was hier ja auch mit dem Soleraverfahren gar nicht möglich wäre -, aber ein lupenreiner Sherry.

Das Etikett basiert übrigens auf einem Handzeichnung von 1857, zu einer Zeit, als der Sherry vor Ort noch wirklich direkt aus dem Fass serviert wurde.

Der Tio Pepe Fino en Rama wurde idealerweise nur in halben Flaschen abgefüllt und ist in Deutschland über Wein Wolf erhältlich. Preislich liegt die 0,375-l-Flasche bei knapp 8 €.

Zum Schluss noch ein Dankeschön an Johannes Winz von Gonzalez Byass, der so freundlich war mir die Musterflasche über Wein Wolf zukommen zu lassen.

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