Weinkarte Deutsche Bahn, Sommer 2011

Wie aus diversen Medien, dem Pressedienst der DB und dem Informationsdienst des DWI zu entnehmen war, hat die Deutsche Bahn die ab Juli 2011 gültige Weinkarte erstmals ausschließlich mit deutschen Weinen bestückt. In anderen Weinbauländern würde man gar nicht darüber reden, da es selbstverständlich erscheint, nur heimische Weine anzubieten. Aber im Weingenuss ist Deutschland bekanntermaßen weltoffen. So weltoffen, dass es schon wieder diverser Meldungen bedarf um dieses Ereignis zu verlautbaren.

Ich persönlich freue mich darüber, dass die deutschen Weine im Aufwind sind, auch wenn ich bekanntermaßen einen Teil meines Einkommens damit erwirtschafte, dass ich für Importweine generische Kommunikation mache.

Trotzdem erhielt ich von der Bahn ein Paket mit der neuen Weinkarte und den ausgewählten Weinen, damit ich meine „persönliche Favoriten ermitteln“ und dann auf meiner „nächsten Reise in einem unserer Fernverkehrszüge genießen“ kann, so die Bahnkommunikation. Warum auch nicht?

Die Auswahl mit zwei Sekten, sowie je drei Weiß- und Rotweinen macht spontan auf mich einen ausgewogenen Eindruck. Verschiedene Rebsorten und Geschmackstypen, diverse Anbaugebiete und ganz unterschiedliche Weinbaubetriebe. Von Großkellerei (Rotkäppchen), über Winzergenossenschaft (Vier Jahreszeiten) und Handelshaus (Brogsitter), bis hin zu Aufsteigern (Keth und Bioweingut Lorenz) und Rheingauer VDP-Betrieben (Barth, August Kesseler und Fitz Allendorf) ist alles vertreten.

Und die Weine an sich?
Wichtig bei solch einer Karte ist natürlich, dass für Jeden etwas dabei ist. So verwundert es mich dann doch zunächst, dass fast alle Weine trocken ausgebaut sind. Meinem persönlichen Geschmack kommt dies sehr entgegen, aber wenn ich mir die Konsumzahlen ansehe, sieht das Bild schon wieder anders aus.

Meine kurzen Kommentare zu den einzelnen Weinen:

  • 2010 Grauburgunder Referenz trocken, Weinhaus Brogsitter, Rheinhessen
  • Walnuss, etwas grüner Apfel, wirkt in der Nase zerschlagen. Am Gaumen mit einer recht harmonischen Säure jedoch auch mit Bitternoten zum Ende hin. Nicht meiner.
  • Der Beschreibung der Weinkarte kann ich nicht folgen. An „frischen Fruchtaromen“ finde ich nur den grünen Apfel, der jedoch nicht wirklich in das Bild passt.
  • Mit 6,30 € für die 0,25 l Flasche der günstigste Weißwein im Angebot. Aber da gebe ich lieber 1,10 € mehr aus und habe Spaß mit dem Weißburgunder.
  • 2010 Weißburgunder trocken, Matthias Keth, Rheinhessen
    • Nussiger Auftakt, klar, Birne, etwas Mango und Zitrusnoten. Vitale Säure, feiner Schmelz, leichtfüßig. Macht Spaß, macht Lust ein zweites Glas zu trinken, was bei nur 12% Alkohol auch kein faux-pas ist.
    • Die Beschreibung in der Weinkarte passt.
    • Mit 7,40 € für die 0,25 l Flasche die preisliche Mitte bei den Weißweinen. Und mein persönlicher Favorit.
  • 2010 Riesling Classic, Barth, Rheingau
    • „Classic“ passt hier besonders gut. Für mich ein klassischer Rheingauer mit Aromen von Apfel und reifem Pfirsich. Am Gaumen eine lebendige Säure, welche von der Fruchtsüße elegant gepuffert wird.
    • Die Beschreibung in der Weinkarte ist für mich weitestgehend nachvollziehbar.
    • Mit 8,20 € für die 0,25 l Flasche der teuerste Weißwein. Hält aber meinen Erwartungen stand.
  • 2010 Dürkheimer Feuerberg Portugieser trocken, Vier Jahreszeiten, Pfalz
    • Der Wein bringt das, was ich erwarte. Frucht. Fast schon ins dropsig gehende, aber angenehm zu trinken. Speziell für diejenigen Zeitgenossen, die es nicht gar so trocken mögen.
    • Braucht man einen Portugieser auf solch einer kleinen Weinkarte? Ja. Es ist der leichtere, fruchtbetonte Rotweinstil, welcher hier bedient wird, ohne gleich auf einen milden Rotwein zurück zu greifen.
    • Die Beschreibung in der Weinkarte passt. Gut gefällt mir der Hinweis, dass man den Wein im Sommer auch etwas kühler trinken kann. Hoffentlich wird er dann auch so angeboten …
    • Mit 6,30 € für die 0,25 l Flasche der günstigste Rote im Angebot.
  • 2009 Cuvée „Urschrei“ trocken, Bioweingut Lorenz, Rheinhessen
    • Die Cuvée besteht laut Beschreibung aus Dornfelder, Regent, Cabernet Sauvignon und Portugieser. Von Rebsortentypizität wollen wir also einmal nicht sprechen. Warum auch? Durch die Cuvée wurden wichtige Komponenten passend zusammengeführt. Eine satte, reife Fruchtaromatik, Schmelz, reifes Tannin und doch Biss. Dazu noch eine facettenreiche Nase und eine kräftige Farbe. Passt. Einziger Wermutstropfen: man trinkt sich an dem Wein schnell satt. Das 0,25er Fläschchen ist da schon die ideale Portionsgröße.
    • Die Beschreibung in der Weinkarte wird dem Wein durchaus gerecht.
    • Mit 7,40 € für die 0,25 l Flasche zwar nicht wirklich günstig, aber mein persönlicher Favorit bei den Roten.
  • 2007 Spätburgunder „Pinot N“ trocken, August Kesseler, Rheingau
    • Typischer Assmannshäuser Spätburgunder. Das Holz kommt dezent hervor und unterstreicht die Fruchtaromen.
    • Der Beschreibung in der Weinkarte kann ich nicht ganz folgen. Die „reife Fruchtigkeit“ wirkt auf mich jugendlicher und die „feinwürzige Barriquenote“ ist so dezent, dass viele sie nicht finden werden.
    • Mit 8,20 € für die 0,25 l Flasche der teuerste Rotwein des Angebotes, für mich jedoch leider nicht der Beste.
  • Rotkäppchen Sekt Tradition, trocken
    • Eher neutraler, aber reintöniger Duft. Deutliche Perlage und Süße (trocken ist beim Schaumwein halt nicht wirklich trocken …), weinig. Technisch einwandfrei, ohne Höhen und Tiefen.
    • Die Beschreibung in der Weinkarte erwähnt „20 g Restsüße pro Liter“. Ob der normale Konsument das korrekt zuordnen kann? Ich bezweifle es.
    • Bei der Werbung, welche Rotkäppchen mit der Dame im roten Kleid am Bahnsteig gemacht hat, gehört der Sekt hier unbedingt hin. Idealerweise, wird der Rotkäppchen auch von ebenjener Dame serviert. Aber das ist Wunschdenken …
    • Mit 5,90 € für die 0,2 l Flasche gehört der Sekt zu den günstigeren Weinen auf der Karte.
  • 2009 Geisenheimer Mönchspfad Riesling Sekt brut, Fritz Allendorf, Rheingau
    • Mit typischen Aromen nach Pfirsich und etwas exotischer Frucht. Insgesamt eher ein barocker Typ.
    • Die Beschreibung in der Weinkarte passt.
    • Mit 8,20 € für die 0,2 l Flasche der teuerste Tropfen auf der Karte.

    Im Großen und Ganzen sind die Weine durchaus passend. Ich persönlich hätte mehr darauf geachtet, dass auch andere Weinbaugebiete eine Chance bekommen. Ein Spätburgunder aus Baden und ein feinherber Riesling von der Mosel anstelle von drei Rheingauer Weinen beispielsweise. Aber das DWI hat ja eine Ausschreibung und eine Auswahlverkostung gemacht. Insofern hatten alle ihre Chance. Oder ist das zu naiv gedacht?

    Einen lesenswerten Beitrag zur Weinkarte hat auch der Blogggwart Dirk Würtz geschrieben.

    2 Gedanken zu „Weinkarte Deutsche Bahn, Sommer 2011“

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